Ethik

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Ethische Grundbegriffe

Die Ethik (Latein ethicus, griech. ethikos : Charakter, Sitten) ist die Wissenschaft moralischer Prinzipien und anerkannter Verhaltensregeln. Im Zentrum der Ethik steht das spezifisch moralische Handeln.
Im Yoga kursiert obiges als Sadachara (Sansk. sadācāra m.), d.h. richtiges Verhalten, gute Sitte und Anstand.

Die Ethik untersucht die Tatbestände einer Handlung, die Handlungsfolgen (Güterabwägungsstheorie) und das Höchste Gut(Summum bonum) bzw. Ziel und Zweck von Handlungen.
Sie sucht nach allgemeingültigen Antworten auf die Frage nach dem richtigen Handeln und stellt sich die Frage nach der Möglichkeit allgemeingültiger ethischer Normen und deren Begründung. Das andere Problem ist dabei die Reflektion des anzustrebenden Ergebnisses im universellen Sinn, d.h. die Überprüfung der Ziele.

Als philosophische Disziplin 'Moralphilosophie' sucht die Ethik nach Antworten auf die Frage, wie in bestimmten Situationen gehandelt werden sollte. Von ihr abgeleitet sind Rechts-, Staats- und Sozialphilosophie von Gesellschaften, die in Gespaltenheit wurzeln.

Die Tugendethik ist von ihrem Anspruch her ein dritter Ethiktyp neben der deontologischen Ethik (von z. B. Kant) und der teleologischen Ethik.

Antike Ethik

Den Ausgangspunkt von Aristoteles’ Nikomachischer Ethik bildet die Frage nach dem „höchsten Gut“ des Menschen, d.h. demjenigen, was um seiner selbst willen erstrebt wird. Hierbei kann es sich nach Aristoteles nur um das Glück (eudaimonia) handeln. Den Weg zur eudaimonia bildet nach Aristoteles die energeia der Seele gemäß ihrem „rationalen Element“ (logos). Wer in seinem Handeln dem logos folgt, erreicht nach Aristoteles die „wesenhafte Tüchtigkeit“ bzw. Tugend (arete) des Menschen[1].

Moderne Ethik

In unserer sog. modernen Zeit wird die Ethik großenteils nur noch mit Kopfschütteln, Lächeln oder Spott betrachtet, zumal da Dinge wie Gewinnoptimierung, Kostensenkung, Erfolgszwang, Karriere, Teamwork, und Vergnügen(in Verbindung mit Gier und Furcht) an der Tagesordnung sind und den ethischen Rahmen bestimmen. Das Wort 'böse' gilt im gegenwärtigen Bewusstsein als metaphysikverdächtig und aufgrund der Dominanz des naturwissenschaftlichen Denkens als überholt.

Moderne Ethik sollte Hand in Hand gehen mit Gewinn zur Erhaltung unserer Traditionen für die Nachwelt[2](Ethify Yourself).

Die Ethik dient - allerdings nicht erst seit heute - vielfach der Etikette. Vielen religiösen Gruppierungen dient sie als Mäntelchen bei der Selbstbehauptung, wo der Satz Jesu von den Parisäern gilt, die einmal in der Woche fasten und die Gebote zum Schein halten, von aussen schön getünchten Gräbern gleichen und Kinder des S... sind. Zum Fasten reicht es allerdings zumeist auch nicht(fa...fa...fast...en ...?).

Kant hat mit seinem kategorischen Imperativ eine rein formale Begründung der Ethik versucht. Die Allgemeingültigkeit von Regeln und von Einsichten bleibt aber immer ein Problem.

Zur Betrachtung bietet sich auch ein dreischichtiges Modell an

  • Praktische Überlegungen (wie der kategorische Imperativ von Kant)
  • Aus einem höchsten Prinzip hergeleitete Grundsätze (wie die zehn Gebote, die aber eigenlich den sittlichen Zustand beim Betreten des Einweihungspfades beschreiben)
  • Entscheidungssätze, die Maximen wie Qualität, Relevanz, Prävention und Verallgemeinerung auf Lebenssituationen anzuwenden versuchen

Ein Hilfsmittel sind positive Werte und moralische Tugenden wie Regeln der Stoa und die buddhistischen Paramitas. Dem stehen moderne Grundsätze wie 'aus allem den größten Nutzen ziehen' entgegen. Das Problem der Ethik ist, daß sie die menschliche Natur nicht transformieren sondern nur beindrucken kann.

Menschenrechte

Ein moderner Ansatz zur Lösung der weltweiten ethischen Probleme sind die Menschenrechte, die sich an einen modernen Humanismus anlehnen, hinter dem die Selbstbehauptung und nicht die Veredelung des Menschen und seiner Seele steht. Sie wurden von der Kirche erst 1963 in der Enzyklika Pacem in Terris anerkannt. Nach ihrer 1965 veröffentlichten ach Dignitatis Humanae ist jeder Mensch angehalten, nach der Wahrheit zu streben (mit der die Kirche selbst Probleme hat).
Schon die Präambel zeigt leider, dass man die Problematik nur oberflächlich anschneidet[3] :

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,

...da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt,

...da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,

...da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,

...da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Forschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,

...da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,

...da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist....

  • Die Menschenrechte sind in den falschen Händen ein zweischneidiges Schwert.

Die angeborene Würde und die gleichen und unveräußerlichen Rechte sind das erste Problem dieser Erklärung. Auf viele Zeitgenossen angewendet klingt das Wort 'Würde' eher wie ein Hohn, und gleiche Rechte fördern deren Missbrauch, was schon aus deren Formulierung hervorgeht. Bei aller Vorsorge wird vergessen, daß der Mensch ohne Seele nur ein ausgewachsenes Genom mit einem erworbenen neuronalen Programm ist, das dem Tierreich entstammt und individuell noch mehr oder weniger damit verflochten ist. Von seelischen ethischen Einflüssen aus höheren oder niederen Spären ist hier keine Rede, die 'wissenschaftlich' als Wahnvorstellungen abgetan werden.

Durch diese undurchdachten Freiheiten sind die gesellschaftlichen und die weltweiten Probleme leider nicht zu lösen. Diese liegen im göttlichen Weltenplan und dadurch in der menschlichen Natur, im inneren Barbaren, in der Vitalsphäre und in der Sexualität, zu deren Läuterung die Menschheit einen evolutionären Schritt machen müsste. Der instinktive Missbrauch der Sexualität hat zu einer Bevölkerungsexplosion geführt, die diese Abgründe offenlegt, und zu Krankheiten wie Aids.
Nur eine zumeist verpönte Sadhana, die den Ausstieg aus dem Tierreich bewirkt, könnte hier weiterhelfen, die auch eine Welt-Ethik beinhalten müsste.

Der durch Bevölkerungsexplosion und neue technische Möglichkeiten bedingte Missbrauch der Resourcen, der Raubbbau, die Überweidung und die Umweltverschmutzung bedrohen das ökologische Gleichgewicht und die Gesundheit sowie die weltweiten biologischen Gleichgewichte.

  • Ethik ist im Alltag zumeist etwas, was durch Not, Egoismen und Begierde untergeht. Offen zu sagen, daß sie auch daher von vielen Flüchtlingen ausgenutzt wird, birgt einige Gefahren in sich. Die Politik und bestimmte Gruppen versuchen sich hier mit einem Maulkorb. Eine durch Instinktverhaftung und Verantwortungslosigkeit hervorgerufene Bevölkerungsexplosion führt zu Kriegen durch Streit und Mängel, wodurch dann Flüchtlingsströme entstehen, die sich plötzlich an ihnen zustehende Menschenrechte erinnern.

Die Religion gilt in der Psychologie als Krankheitsbild. Hinzu kommt noch das Unverständnis und die Zurückweisung eines göttlichen Dharma.
In den Religionsgemeinschaften wird eher die Gemeinschaft gepflegt als eine innere Religion.

In den Industriestaaten entwickelt sich die falsche asurische Freiheit zu etwas, das großen weltweiten Schaden anrichtet und die eigene Seele zerstört.
Obiger Menschenrechtserklärung ermangelt es daher an einer Menschenpflichten-Erklärung.

Spirituelle Sichtweise

Gnadenwahl - aus dem universellen A können Gutes und Böses entstehen

Vom Standpunkt des Yoga hat richtiges Handeln die Grundlage von Regeln wie Yama und Niyama.

Sri Aurobindo hatte auf richtiges Handeln die Antwort, daß richtig sei, was am Platze ist, denn die Antwort auf eine Situation wird auch vom Endziel der Situation bestimmt. Die wahre Ethik sei Dharma, die richtige Erfüllung und die Arbeitsweise der höheren göttlichen Natur(die aber durchaus nicht notwendigerweise menschenfreundlich sein muss !).
Er vertritt damit teilweise die Sichtweise der Tugendethik, dass das, was gut ist, von den Umständen abhängt und es deshalb keine einheitliche Regel gibt, die a priori jeden Einzelfall bestimmen kann.

Mira Alfassa sagte als Nachfolgerin von Sri Aurobindo : Unser Wesen dürstet nach Vollkommenheit; nicht diese menschliche Vollkommenheit, die eine solche des ICHS ist und der göttlichen den Weg versperrt, sondern jene Vollkommenheit, die die Macht hat, auf Erden ewige Wahrheit zu offenbaren".

Die höhere göttliche Natur wirkt aber nicht notwendigerweise im Sinne der Menschheit oder des Einzelnen. Aus weltlicher Sicht werden oft ganz andere Ziele angestrebt als aus jener göttlichen Sichteise, die einen universellen Weltenplan umsetzen muss.
Die Spiritualität unterwirft sich andererseits auch nicht der Unwissenheit bzw. den Kräften und Forderungen, die sich aus der Maya herleiten. Allerdings muss auch sie eine Abwägung treffen, was sie durchsetzen kann, ohne Gegenwirkungen und Chaos befürchten zu müssen und ohne sich dem Dharma entgegenzustellen.

Ein ungelöstes Problem ist auch das Ziel, das bei den Teilnehmern einer Situation ganz verschieden sein kann und dementsprechend zu Konflikten führt. Selbst die Ideale unterscheiden sich, auch bei spirituell aktiven Personen, auch bedingt durch die Entwicklungshöhe und letztlich auch bedingt durch die drei Aspekte der Trimurti.

Weltliches Glück kann spirituelles Unglück oder aus anderer Sicht nicht Erstrebenswertes bedeuten, nicht nur, daß das Glück des einen direkt oder indirekt das Unglück des anderen hervorrufen kann.

Der Taoist versucht diesen Dharma über Wu-wei und Ziran umzusetzen. Er verkennt aber auch nicht, den Satz "Himmel und Erde betrachten die Menschen als Strohhunde" des 'Tao Te King'. Er weiss um das individuelle Dao und die Determiniertheit ('Es ist nichts getan, es ist auch nichts zu tun'), so wie der eingeweihte Hinduist den individuellen Dharma kennt, den er oft in seinem Sinne zu verbiegen versucht.

Andere nach persönlicher Vervollkomnung Strebende versuchen sich in den 10 Geboten mit dem höchsten Gebot der heutzutage mißverstandenen Gottesliebe bzw. einer Nächstenliebe, die sich an zweifelhaften Objekten übt und dabei die christliche Definition des Nächsten üversieht.

Offen bleibt dabei immer, was der allerhöchste Dharma wirklich will, d.h. die Details des aus noch höheren Welten oberhalb des Satyaloka stammenden göttlichen überkosmischen Weltenplans, der oft recht unverständlich disharmonische Geschehnisse beinhalten kann.

Siehe auch

Literatur

  1. Karl-Heinz Brodbeck: Ethik und Moral - eine kritische Einführung Verlag BWT, Würzburg 2003, ISBN 3-9808693-1-8
  2. Brodbeck : Grundlagen der buddhistischen Wirtschaftsethik
  3. A. Schopenhauer: Die beiden Grundprobleme der Ethik, 1839/40.
  4. Aristoteles über Ethik
  5. Ethik und Entrepreneurship: Eine theoretische sowie empirische Analyse , Tokarski, Gabler Verlag, 2009, ISBN 978-3-8349-1313-5
  6. Werner : Einführung in die Ethik
  7. Zur Situation des Ethikunterrichts in Deutschland
  8. Ethify Yourself - Ethisch leben und wirtschaften Online - Wikibook
  9. Encyclopedia of Religion and Ethics - mehrere Bände (commons); Archive - PDF
  10. Encyclopedia of Ethics, 2nd Edition, Lawrence C. Becker - Charlotte B. Becker, ISBN-13: 978-0415936729 ISBN-10: 0415936721
  11. International Encyclopedia of Ethics
  12. Applied Ethics - Perspectives from Asia and Beyond, Kohji Ishihara and Shunzo Majima, ISBN: 978-4-9904046-0-4
  13. Varieties of Ethical Reflection: New Directions for Ethics in a Global Context, Michael Barnhart, Lexington Books, Studies in Comparative Philosophy, 2002, ISBN-10: 0739104438 ISBN-13: 978-0739104439
  14. Mysticism and Morality: A New Look at Old Questions, Richard H. Jones, Studies in Comparative Philosophy; 2004, ISBN-10: 0739107844 ISBN-13: 978-0739107843
  15. Henry More : Enchiridion ethicum (Handbuch der Ethik) , 1667
  16. Book Review: "The Quest for Postmodern Ethics: A Phenomenological Comparison of the Philosophies of Martin Heidigger and Sri Aurobindo Ghose
  17. Brück, Michael von (1983): Die vedantische Erfahrung des Einen als Basis für Prinzipien der Ethik
  18. Grundriss der Ethik, Allihn, Friedrich Heinrich Theodor, 1812-1885
  19. Ethics for the New Millennium, Dalai Lama, Riverhead Press, 1999, ISBN-10: 1573220256 / ISBN-13: 978-1573220255
  20. Sri Aurobindo on Ethics: compiled by Anurag Banerjee, Overman Foundation, Kolkata 2011
  21. Sri Aurobindo : Bande mataram
  22. Sri Aurobindo : ethics desire and karma
  23. Sri Aurobindo : ethics - karma and cosmic law
  24. Indian Ethics: Classical Traditions and Contemporary Challenges, Purushottama Bilimoria, Joseph Prabhu, Renuka Sharma, Ashgate Publishing Limited, 2007, ISBN-10: 0754633012 ISBN-13: 978-0754633013
  25. Das Buch der Menschlichkeit (Studienanleitung): Eine neue Ethik für unsere Zeit von Dalai Lama von Bastei Lübbe (Bastei Verlag 2012)
  26. Die Kultur der Menschenrechte, Sibylle Kalupner
  27. Putzmeister - Erklärung der Menschenpflichten - die große Illusion als Forderung
  28. Jenseits von Religion - Ethik und menschliche Werte (Öffentlicher Vortrag vom 25. Mai 2012 in Wien), Dalai Lama, Nymphenburger Verlag, ISBN-13: 9783485070034, 2013
  29. Rupert Lay: Ethik für Manager. ECON - Verlag, 1989
  30. Gautama Samhita - die indische Ethik
  31. Wikisource : Universal Declaration of Human Responsibilities
  32. Un-Erklärung zu den Menschenrechten
  33. Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten

Referenzen

Weblinks