Apoha-Theorie
Das apoha (Skt. Ausschluss; richtig gesprochen) ist ein Sanskrit - Begriff, der besagen soll, daß Begriffe nur eine negative Bedeutung haben und es unmöglich ist, Begriffe durch sich selbst oder durch ihren Bezug auf Außerbegriffliches zu definieren.
Die Apoha-Theorie ist eine Theorie der Sprachbedeutung ohne ontisches Engagement. Sie ist geprägt von der späten epistemologischen Schule mit dem Ziel, den Stand des buddhistischen Nominalismus hinsichtlich linguistischer und ontologischer Aspekte zu überprüfen.
Entwicklung
Die Apoha- Kontrapositions-Theorie wurde vor allem von Dignaga entwickelt. Letzterer zentrierte seine Philosophie der Sprache um das Theorem der verbalen Bedeutung als 'Ausschluss von anderen Referenten' (anyāpoha).
Sein Stil des Diskurses ist als Pramāṇavādaor oder "Pramāṇa-Theorie" bekannt.
Als Schüler von Vasubandhu sah er alle Dharmas als leer an und alle Dinge als der Veränderung unterworfen und ohne essenzielle Essenz.
Seine Logik der Kontraposition (Apoha) erlaubte es, zwischen Ausdrücken und ihrem Komplement zu wechseln wie Alle Wagen haben Räder und alle Nicht-Wagen haben keine Räder. Die genaue Reflektion besagt aber, daß eine universelle Feststellung über 'Alle Wagen' auch bedeutet, dass es Wagen gibt, die über eine essenzielle Natur verfügen.
Die Theorie weist letztendlich Eigenschaften wie Wagenartigkeit zurück und macht geltend, daß das alle Wagen vereinende Element sehr verschieden von allen Nicht-Wagen ist.
Dharmakirti entwickelte die Theorie weiter[1].
Kritiker
Dignāgas Formulierung der Apoha-Theorie wurde vom Naiyāyika -Philosophen Uddyotakara (fl. 525) und vom buddhistischen Denker Bhāvaviveka (fl. 530) 1, der eine ähnliche Theorie entwickelte, ausdrücklich kritisiert.
Daneben wurde sie von dem kashmirischen Logiker Śaṅkaranandanas (725–788) in seinem Anyapohasiddhikarika[2] behandelt, der aber mehr den positiven Aspekt (die Bedeutung eines Wortes ist positiv aber ein illusorisches geistiges Bild) hervorhob.
Dharmottara (c. 750–810) wiederum betonte den negativen Aspekt (die Bedeutung eines Wortes ist ein Negativ, und ein Universal ist eine negative Bezeichnung eines Unterschiedes).
Zur Erklärung des Funktionierens von apoha benutzten Shantaraksita und Kamalashila eine Unterscheidung zwischen zwei Arten der Verneinung, die von Namen(begrenzend, paryudasa) und von Präpositionen(ausschliessend, prasajyapratisedha).
Die kaschmirischen nichtdualen Śaiva-Denker Utpaladeva und Abhinavagupta antworteten in ihrer Pratyabhijñā auf die philosophische Theologie und die buddhistische semantische Bezugstheorie und reinterpretieren sie als Ausgrenzung des Unanwendbaren (Anyapoha).
Theorie
Die Apoha-Theorie ist somit eigentlich keine Theorie, sondern nur eine Methode, sich klarzumachen, wie Täuschungen durch Begriffe funktionieren.
Die klassischen indischen Philosophen bezweifelten die Gültigkeit dieser Theorie und glaubten stattdessen an die Existenz einer dauerhaften Essenz.
Ihre Darstellung enthält aber auch für alle Wissenschaften hilfreiche Instruktionen, die auch bei Aufrechterhaltung der Täuschung ihrer Grundbegriffe und deren funktionaler Entfaltung Irrtümer zweiter Ordnung zu vermeiden helfen.
Der Apoha - Wahrheitsbegriff steht allerdings auch dem abendländischen entgegen.
Literatur
- Einführung in die buddhistische Erkenntnistheorie, Auszug aus: Karl-Heinz Brodbeck: Der Zirkel des Wissens.
- Einführung in die buddhistische Logik in China, Uwe Frankenhauser, Otto Harrassowitz Verlag
- Brodbeck : Einführung in die buddhistische Erkenntnistheorie
- Dualismus in der Physik
- Die erkenntnistheoretisch-logische Tradition des Buddhismus, Prof. Dr. Ernst Steinkellner , Universität Wien
- Die Einführung der buddhistischen Logik in China, Uwe Frankenhauser, S. 168
- Die Logik des Transzendentalen: Festschrift für Jan A. Aertsen herausgegeben von Martin Pickavé zum 65. Geburtstag, 2003, Walter de Gruyter, 9783110204582, S. 255
- Das Problem der ontischen Mehrdeutigkeit
- Mehrdeutuge ontische Relationen
- Erklärung und Kausalität
- The Role of Apoha in Dignāga's Theory of Knowledge , Chhote Lal Tripathi, East and West Vol. 25, No. 3/4 (September-December 1975), s. 455-470
- The apoha - theory of Dignaga, Shoryu Katsura
- Dignagas philosopy of language
- Dignagas philosophy of language, Pramāṇasamuccayavṛtti on anyāpoha, I und II, ISBN 978-3-7001-7865-1
- Apoha - Buddhist nominalism and human cognition ; Mark Siderits, Tom Tillemans, Arindam Chakrabarti; New York : Columbia University Press, 2011. ISBN 978-0-231-15360-7 ISBN 978-0-231-15361-4
- Eckel, Bhāvaviveka and his Buddhist Opponents, 25. // wegen Bhāvaviveka’s Kritik an der Apoha-Theroie : Eckel’s Übersetzung 5.60-68.
- Pratyabhijñā Apoha Theory, Shannon-Weaver Information, de Saussurean Structure and Peircean Interpretant Agency, David Peter Lawrence
- The Self as a Dynamic Constant. Rāmakaṇṭha’s Middle Ground Between a Naiyāyika Eternal Self-Substance and a Buddhist Stream of Consciousness-Moments, Journal of Indian Philosophy March 2014, Volume 42, Issue 1, pp 173–193
Referenzen
Weblinks
- Śaṅkaranandanas Anyapohasiddhikarika , das AASK des kaschmirischen Logikers Sankaranandana (950-1020) konzentriert sich die AASK auf die sogenannte Apoha Theorie.
- Dualismus Physik
- APOHA oder anyapohavada