Ögisdrecka: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Ögisdrecka ist das 9. Lied der  Göttersagen der [[Lieder-Edda]].
Das Ögisdrecka(Oegirs Trinkgelage) oder Lokasenna (Lokis Zankreden) ist das 9. Lied der  Göttersagen der [[Lieder-Edda]].


== Ögisdrecka ==
== Ögisdrecka ==

Aktuelle Version vom 19. März 2024, 14:02 Uhr

Das Ögisdrecka(Oegirs Trinkgelage) oder Lokasenna (Lokis Zankreden) ist das 9. Lied der Göttersagen der Lieder-Edda.

Ögisdrecka

Ögirs Trinkgelage

Ögir, der mit anderm Namen Gymir hieß, bereitete den Asen ein Gastmahl, nachdem er den großen Keßel erlangt hatte, wie eben gesagt ist.
Zu diesem Gastmal kam Odhin und Frigg sein Weib. Thôr kam nicht, denn er war auf der Ostfahrt.
Sif war zugegen, Thôrs Weib, desgleichen Bragi und Idun sein Gemahl.
Auch Tyr war da, der nur Eine Hand hatte, denn der Fenriswolf hatte ihm die andre abgebissen, als er gebunden wurde.
Da war auch Niörd und Skadi sein Weib, Freyr und Freyja, und Widar, Odhins Sohn. Auch Loki war da und Freys Diener Beyggwir und Beyla.
Da waren noch viele Asen und Alfen.

Ögir hatte zwei Diener, Funafengr und Eldir. Leuchtendes Gold diente statt brennenden Lichtes. Das Äl trug sich selber auf.
Der Ort hatte sehr heiligen Frieden. Alle Gäste rühmten, wie gut Ögirs Leute sie bedienten.
Loki, der das nicht hören mochte, erschlug den Funafengr.
Da schüttelten die Asen ihre Schilde und rannten wider Loki und verfolgten ihn in den Wald und fuhren dann zu dem Mal.
Loki kam wieder und sprach zu Eldir, den er vor dem Saale fand:

1 - Sage mir, Eldir, eh du mit einem Fuße vorwärts schreitest, was für Tischgespräche
tauschen hier innen der Sieggötter Söhne?

2 - Eldir sprach:
Von Waffen reden und ruhmvollen Kämpfen der Sieggötter Söhne.
Asen und Alfen, die hier innen sind, keiner weiß von dir ein gutes Wort.

3 - Loki
Ein will ich treten in Ögis Hallen, selber dieß Gelag zu sehn.
Schimpf und Schande schaff ich den Asen und mische Gift in ihren Meth.

4 -Eldir.
Wiße, wenn du eintrittst in Ögis Halle, selber dieß Gelag zu sehn,
Und die guten Götter übergießest mit Schmach, gieb Acht, sie trocknen sie ab an dir.

5 - Loki :
Wiße das, Eldir, wenn mit einander wir in scharfen Worten streiten,
üppiger werd ich in Antworten sein, was du auch zu reden weist.

Da ging Loki in die Halle. Jene aber, die darinnen waren, als sie ihn eingetreten sahen, schwiegen alle still.

6 - Loki sprach:
Durstig komm ich in diese Halle Loptr den langen Weg die Asen zu bitten,
mir einen Trunk zu schenken ihres süßen Meths.

7 - Warum schweigt ihr still, verstockte Götter, und erwiedert nicht ein Wort?
Sitz und Stelle sucht mir bei dem Mal, oder heißt mich hinnen weichen.

8 - Bragi :
Sitz und Stelle suchen dir bei dem Mal die Asen nun und nimmer.
Die Asen wißen wohl wem sie sollen Anteil gönnen am Gelag.

9 - Loki :
Gedenkt dir, Odhin, wie in Urzeiten wir das Blut mischten beide?
Du gelobtest, nimmer dich zu laben mit Trank, würd er uns beiden nicht gebracht.

10 - Odhin.
Steh denn auf, Widar, dem Vater des Wolfs Sitz zu schaffen beim Mal,
Daß länger Loki uns nicht lästere hier in Ögis Halle.

Da stand Widar auf und schenkte dem Loki. Als er aber getrunken hatte, sprach er zu den Asen:

11 - Heil euch, Asen, Heil euch Asinnen, euch hochheiligen Göttern all,
Außer dem Asen allein, der da sitzt auf Bragis Bank.

12 - Bragi.
Schwert und Schecken aus meinem Schatze zahl ich und einen Baug (Ring) zur Buße,
Daß du den Asen nicht Ärgerniss gebest: Mache dir nicht gram die Götter.

13 - Loki.
Ross und Ringe, nicht allzureich doch weiß ich dich, Bragi, der beiden!
Von Asen und Alfen, die hier inne sind, scheut Keiner so den Streit, flieht Geschoße keiner feiger.

14 - Bragi.
Ich weiß doch, war ich draußen, wie ich drinne bin hier in Ögis Halle, dein Haupt hätt ich
in meiner Hand schon; Also lohnt’ ich dir der Lüge.

15 - Loki.
Sitzend bist du schnell, doch schwerlich leistest dus, Bragi, Bänkehüter!
Zum Zweikampf vor, wenn du zornig bist: Der Tapfre sieht nicht um und säumt.

16 - Idun.
Ich bitte dich, Bragi, bei deiner Gebornen und aller Wünschelsöhne Wohl,
Sprich zu Loki nicht mit lästernden Worten hier in Ögis Halle.

17 - Loki.
Schweig, Idun! Von allen Frauen mein ich dich die Männertollste:
Du legtest die Arme, die leuchtenden, gleich um den Mörder eines Bruders.

18 - Idun.
Zu Loki sprech ich nicht mit lästernden Worten hier in Ögis Halle;
Den Bragi sänft ich, den bierberauschten, daß er im Zorn den Zweikampf meide.

19 - Gefion.
Ihr Asen beide, was ists, daß ihr euch mit scharfen Worten streitet?
Loptr träumt sich nicht, daß er betrogen ist, ihn hier die Himmlischen haßen.

20 - Loki.
Schweig du, Gefion! sonst vergeß ichs nicht wie dich zur Lust verlockte jener weiße Knabe,
der dir das Kleinod gab, als du den Schenkel um ihn schlangst.

21 - Odhin.
Irr bist du, Loki, und aberwitzig, wenn du Gefion gram dir machst:
Aller Lebenden Looße weiß sie ebenwohl als ich.

22 - Loki.
Schweig nur, Odhin, ungerecht zwischen den Sterblichen theilst du den Streit:
Oftmals gabst du, dem du nicht geben solltest, dem schlechtern Manne den Sieg.

23 - Odhin.
Weist du, daß ich gab, dem ich nicht geben sollte, dem schlechtern Manne den Sieg,
Unter der Erde acht Winter warst du milchende Kuh und Mutter
[Denn du gebarest da: Das dünkt mich eines Argen Art].

24 - Loki.
Du schlichest, sagt man, in Samsö umher von Haus zu Haus als Wala.
Vermummter Zauberer trogst du das Menschenvolk: Das dünkt mich eines Argen Art.

25 - Frigg.
Euer Geschicke solltet ihr nie erwähnen vor der Welt,
Was ihr Asen beide in Urzeiten triebet: Die frühsten Thaten bergt dem Volk.

26 - Loki.
Schweig du, Frigg! Fiörgyns Tochter bist du und den Männern allzumild,
Die Wili und We als Widrirs Gemahlin beide bargst in deinem Schooß.

27 - Frigg.
Wiße, hätt ich hier in den Hallen Ögirs einen Sohn wie Baldur schnell,
Nicht kämst du hinaus von den Asensöhnen, du hättest schon zu fechten gefunden.

28 - Loki.
Und willst du, Frigg, daß ich ferner gedenke meiner Meinthaten,
So bin ich Schuld, daß du nicht mehr schauen wirst Baldur reiten zum Rath der Götter.

29 - Freyja.
Irr bist du, Loki, daß du selber anführst die schnöden Schandthaten.
Wohl weiß Frigg Alles was sich begiebt, ob sie schon es nicht sagt.

30 - Loki.
Schweig du, Freyja, dich vollends kenn ich: Keines Makels mangelst du;
Der Asen und Alfen, die hier inne sind, bist du Jedes Buhlerin.

31 - Freyja.
Deine Zunge frevelt; doch fürcht ich, daß sie dir wenig Gutes gellt.
Abhold sind dir die Asen und die Asinnen. Unfröhlich fährst du nach Haus.

32 - Loki.
Schweig du, Freyja, Gift führst du mit dir, bist alles Unheils voll.
Vor den Göttern umarmtest du den eigenen Bruder: So böser Wind entfuhr dir, Freyja!

33 - Niördr.
Die Schöngeschmückten, das schadet nicht, wählen Männer wie sie mögen;
Des Verworfnen Weilen bei den Asen wundert nur, der Kinder konnte gebären.

34 - Loki.
Schweig du, Niördr, von Osten gesendet als Geisel bist du den Göttern.
Hymirs Töchter nahmen dich da zum Nachtgeschirre und machten dir in den Mund.

35 - Niördr.
Des Schadens tröstet mich, seit ich gesendet ward fernher als Geisel den Göttern,
Daß mir erwuchs der Sohn, wider den Niemand ist, der für den Ersten der Asen gilt.

36 - Loki.
Laß endlich, Niördr, den Übermuth, Ich hab es länger nicht Hehl:
Mit der eignen Schwester den Sohn erzeugtest du, der eben so arg ist wie du.

37 - Tyr.
Freyr ist der beste von allen, die Bifröst trägt zu der hohen Halle:
Keine Maid betrübt er, keines Mannes Weib, einen Jeden nimmt er aus Nöthen.

38 - Loki.
Schweig du, Tyr! du taugst zum Kampfe nicht zu gleicher Zeit mit Zweien.
Deine rechte Hand ist dir geraubt, Fenrir fraß sie, der Wolf.

39 - Tyr.
Der Hand muß ich darben; so darbst du Fenrirs. Eins ist schlimm wie das andre;
Auch der Wolf ist freudenlos: gefeßelt erwartet er der Asen Untergang.

40 - Loki.
Schweig du, Tyr! deinem Weibe geschahs, daß sie von mir ein Kind bekam.
Nicht Pfenningsbuße empfingst du für die Schmach: Habe dir das, du Hanrei!

41 - Freyr.
Gefeßelt liegt Fenrir vor des Flußes Ursprung bis die Götter vergehen.
So soll auch dir geschehn, wenn du nicht schweigen wirst endlich, Unheilschmied.

42 - Loki.
Mit Gold erkauftest du Gymirs Tochter und gabst dem Skirnir dein Schwert.
Wenn aber Muspels Söhne durch Myrkwidr reiten, womit willst du streiten, Unselger?

43 - Beyggwir.
Wär ich so edeln Stamms als Yngwi-Freyr, und hätte so erhabnen Sitz,
Morscher als Mark malmt’ ich dich, freche Krähe, und lähmte dir alle Gelenke.

44 - Loki.
Was ist Winziges dort, das ich wedeln sehen nach Speise schnappend?
Dem Freyr in die Ohren bläst es immerdar, und müht sich mit Mägdearbeit.

45 - Beyggwir.
Beyggwir bin ich, bieder rühmen mich die Asen all und Menschen.
Behende helf ich hier, daß Hropts Freunde trinken Äl in Ögis Halle.

46 - Loki.
Schweig du, Beyggwir, übel verstehst du der Männer Mal zu ordnen.
Unterm Bettstroh verbargst du dich feige, wenn es zum Kampfe kam.

47 - Heimdal.
Trunken bist du, Loki! vertrankst den Verstand: Laß endlich ab, Loki,
Denn im Rausche reden die Leute viel und wißen nicht was.

48 - Loki.
Schweig du, Heimdal! In der Schöpfung Beginn ward dir ein leidig Looß.
Mit feuchtem Rücken fängst du den Thau auf und wachst der Götter Wärter!27

49 - Skadi.
Lustig bist du, Loki; doch lange magst du nicht spielen mit losem Schweif,
Da auf die scharfe Kante des kalten Vetters bald mit Därmen dich die Götter binden.

50 - Loki.
Wenn auf die scharfe Kante des reifkalten Vetters sie mich mit Därmen binden bald,
So war ich der erste und auch der eifrigste, als es Thiassi zu tödten galt.55

51 - Skadi.
Warst du der erste und auch der eifrigste, als es Thiassi zu tödten galt,
So soll aus meinem Hof und Heiligtum immer kalter Rath dir kommen.

52 - Loki.
Gelinder sprachst du zu Laufeyjas Sohn, als du mich auf dein Lager ludst.
Dessen gedenk ich nun, da es genauer gilt unsre Meinthaten zu melden.

Da trat Sif vor und schenkte dem Loki Meth in den Eiskelch und sprach:

53 - Heil dir nun, Loki, den Eiskelch lang ich dir Firnen Methes voll,
Daß du mich eine doch von den Asenkindern ungelästert laßest.

Jener nahm den Kelch, trank und sprach:

54 - Du einzig bliebst verschont, wärest du immer keusch und dem Gatten ergeben gewesen.
Einen weiß ich und weiß ihn gewiss, der auch den Hlorridi zum Hanrei machte.61
[Und das war der listige Loki.]

55 - Beyla.
Alle Felsen beben, von der Bergfahrt kehrt Hlorridi heim.
Zum Schweigen bringt er den, der hier mit Schmach belädt die Götter all und Gäste.

56 - Loki.
Schweig du, Beyla! du bist Beyggwirs Weib und aller Unthat voll.
Kein ärger Ungeheuer ist unter den Asenkindern. Ganz bist du mit Schmutz besudelt.

Da kam Thôr an und sprach:

57 - Schweig, unreiner Wicht, sonst soll mein Hammer Miölnir den Mund dir schließen.
Vom Halse hau ich dir die Schulterhügel, daß dich das Leben läßt.

58 - Loki.
Der Erde Sohn ist eingetreten: Nun kannst du knirschen, Thôr;
Doch wenig wagst du, wenn du den Wolf bestehen sollst, der den Siegvater schlingt.

59 - Thôr.
Schweig, unreiner Wicht, sonst soll mein Hammer Miölnir den Mund dir schließen.
Oder auf gen Osten werf ich dich, daß kein Mann dich mehr erschaut.

60 - Loki.
Deine Ostfahrten würden unbesprochen Allzeit beßer bleiben,
Seit im Däumling du, Kämpe, des Handschuhs kauertest und selbst nicht meintest Thôr zu sein.

61 - Thôr.
Schweig, unreiner Wicht, sonst soll mein Hammer Miölnir den Mund dir schließen.
Mit Hrungnis Tödter59 trifft diese Hand dich und bricht dir alle Gebeine.

62 - Loki.
Noch lange Jahre zu leben denk ich trotz deiner Hammerhiebe.
Hart schienen dir Skrymis Knoten. Du mustest der Malzeit darben ob du vor Heißhunger vergingst.

63 - Thôr.
Schweig, unreiner Wicht, sonst soll mein Hammer Miölnir den Mund dir schließen.
Hrungnis Tödter schickt dich zu Hel hinab , hinter der Todten Gitterthor.

64 - Loki.
Ich sang vor Asen, sang vor Asensöhnen was ich auf dem Herzen hatte.
Nun wend ich mich weg: dir weich ich allein, denn ich zweifle nicht, daß du zuschlägst.

65 - Ein Mahl gabst du, Ögir; nicht mehr hinfort wirst du die Götter bewirthen.
All dein Eigentum, das hier innen ist, frißt die Flamme und raschelt dir über den Rücken.

Darauf nahm Loki die Gestalt eines Lachses an und entsprang in den Wasserfall Franangr.
Da fingen ihn die Asen und banden ihn mit den Gedärmen seines Sohnes Nari.
Sein anderer Sohn Narfi aber ward in einen Wolf verwandelt. Skadi nahm eine Giftschlange und hing sie auf über Lokis Antlitz.

Der Schlange entträufelte Gift. Sigyn, Lokis Weib, setzte sich neben ihn und hielt eine Schale unter die Gifttropfen.
Wenn aber die Schale voll war, trug sie das Gift hinweg: unterdessen träufelte das Gift in Lokis Angesicht, wobei er sich so stark wand, daß die ganze Erde zitterte.
Das wird nun Erdbeben genannt.

Referenz

  • Wikisource : Die Edda - übersersetzt von K. Simrock